Gegenwind für Apple nach der Entscheidung, Patreon-Kreative abzukassieren
Apple hat in der Vergangenheit weniger negative Schlagzeilen gemacht als Google – die einfache Benutzeroberfläche und der Ruf als Datenschutzverfechter im Gegensatz zu Googles rücksichtsloser Datensammelpolitik haben dazu beigetragen. Doch nun sieht sich auch Cupertino Kritik ausgesetzt, und zwar wegen seines geschlossenen iOS-Ökosystems.
Wie bekannt ist, können Nutzer:innen von Apple-Geräten (zumindest offiziell) nur Apps aus dem eigenen App Store herunterladen. Sideloading, also das Herunterladen von Apps aus anderen App-Stores oder die direkte Installation von .IPA
-Dateien von Entwickler:innen, war lange Zeit nicht möglich. Obwohl die EU Druck auf Apple ausübt, Sideloading im Rahmen des Digital Markets Act (DMA) zuzulassen, weicht das Unternehmen nicht so leicht zurück. Apps müssen weiterhin einen „Authentifizierungsprozess“ durchlaufen, der sicherstellt, dass Apple die Kontrolle über die App-Verteilung behält.
Ein aktuelles Beispiel für Apples strenge Vorgehensweise und die möglichen Folgen für Nutzer:innen und Entwickler:innen ist der Fall Patreon. Diese App ermöglicht es Kreativen, ihre Arbeit zu finanzieren, ohne auf Werbeeinnahmen wie bei YouTube angewiesen zu sein. Ab November 2025 sieht sich Patreon jedoch mit einer 30-prozentigen Kürzung der In-App-Käufe durch Apple konfrontiert. Laut Patreon hat Apple dem Unternehmen ein Ultimatum gesetzt: Wenn es sich nicht an die Vorgaben hält, wird es aus dem App Store verbannt.
„Leider verlangt Apple von uns, dass wir für alle iOS-Transaktionen zu ihrem In-App-Kaufsystem wechseln, da wir sonst Gefahr laufen, komplett aus dem App Store geworfen zu werden. Apples In-App-Kaufsystem bietet jedoch nicht die gleiche Flexibilität, die wir unseren Kreativen bieten können. Wenn Kreative auf Patreon weiterhin nicht unterstützte Abrechnungsmodelle verwenden oder Transaktionen in der iOS-App deaktivieren, riskieren wir, dass die gesamte App aus dem App Store entfernt wird.“
Kurz gesagt: Apple drängt Patreon dazu, eine neue Funktion einzuführen, die es ermöglicht, alle Transaktionen zwischen Kreativen und ihren Fans über das Abrechnungssystem von Patreon abzuwickeln. Um den Kreativen den Übergang zu erleichtern, hat Patreon ein optionales Tool für die iOS-App entwickelt, mit dem die Abonnementpreise automatisch erhöht werden können, um die 30-prozentige Gebühr von Apple abzudecken. Diese Anpassung stellt sicher, dass die Kreativen den gleichen Betrag pro Abonnement verdienen wie auf anderen Plattformen. Die Nutzung dieses Tools ist jedoch nicht verpflichtend. Während die automatische Preiserhöhung standardmäßig eingestellt ist, haben die Kreativen auch die Möglichkeit, ihre Preise unverändert zu lassen und die 30-Prozent-Gebühr selbst zu tragen.
Patreon bezeichnete beide Optionen als suboptimal und wies darauf hin, dass die unvermeidliche Preiserhöhung nur für die iOS-App gilt. Bestehende Mitglieder, die sich vor November 2025 angemeldet haben, sind nicht betroffen, und die Preise für das Web sowie die Android-App bleiben unverändert.
Ein Sturm der Kritik
Patreon-Nutzer:innen sind nicht die ersten und werden sicherlich nicht die letzten sein, die von Apples Gebührenstruktur betroffen sind. Doch dieser spezielle Fall hat bei vielen für Aufregung gesorgt. Möglicherweise liegt es daran, dass Apple eine Gebühr für etwas erhebt, das eigentlich als Spende gedacht ist – und Spenden sollten von Natur aus frei von kommerziellen Zwängen sein. Dieser Schritt ist besonders umstritten, da er den Geist der Wohltätigkeit und der freiwilligen Unterstützung zu verletzen scheint.
Tim Sweeney von Epic Games war einer der Ersten, der seine Missbilligung äußerte.
„Apple muss gestoppt werden. So kann es in der digitalen Welt nicht weitergehen“, schrieb Sweeney auf X.
Seit Fortnite vor vier Jahren aus dem App Store entfernt wurde, führt Epic Games einen langwierigen Rechtsstreit gegen Apple. Erst vor kurzem kehrte das Spiel zurück, allerdings nur in der EU und über Epics neuen mobilen Store. Diese Änderung ist dem DMA zu verdanken, der Apple dazu gebracht hat, seinen „Walled Garden“ ein wenig zu öffnen.
Ein weiterer scharfer Kritiker von Apples Vorgehen, Elon Musk, warf Apple vor, „Straßenmusikern das Geld aus der Tasche zu ziehen“.
Einige rufen bereits Patreon-Nutzer:innen dazu auf, auf alternative Zahlungsmethoden umzusteigen, um sich nicht den Vorgaben von Apple zu beugen.
Was muss geschehen, damit Apple einlenkt?
Apple sträubt sich gegen Veränderungen und wehrt sich vehement gegen alle Versuche der Regulierungsbehörden, seinen geschlossenen Ökosystem-Ansatz aufzulockern. Das Unternehmen argumentiert, dass eine Lockerung seiner Kontrolle über das Ökosystem katastrophale Auswirkungen auf die Sicherheit hätte – das ist sein Hauptargument. In vielen Fällen scheint Apples Widerstand jedoch eher dem Schutz eigener Interessen zu dienen als tatsächlichen Sicherheitsbedenken.
So kündigte Spotify an, dass iPhone-Nutzer:innen in der EU endlich die Werbeangebote des Unternehmens direkt im App Store von Apple sehen können. Für Android und andere Betriebssysteme ist dies bereits seit Jahren möglich.
„Das ist ein Fortschritt, aber nur ein kleiner Schritt auf dem langen Weg, iPhone-Nutzer:innen das grundlegende Produkterlebnis zu bieten, das sie von ihren Apps erwarten und verdienen – ein Erlebnis, das Nutzer:innen anderer Mobiltelefone bereits genießen.“
Apple wurde zu dieser Änderung gezwungen – es bedurfte eines Gerichtsbeschlusses, um das Unternehmen zum Einlenken zu bewegen. Spotify entschied sich, am „Music Streaming Services Entitlement“-Programm teilzunehmen, das Apple ins Leben gerufen hat, nachdem es im März von der EU wegen „Missbrauchs seiner marktbeherrschenden Stellung“ zu einer Geldstrafe von 1,84 Milliarden Euro verurteilt worden war.
Die Europäische Kommission hat festgestellt, dass Apples Vorgehen missbräuchlich ist, da es App-Entwickler daran hindert, iOS-Nutzer über alternative, oft günstigere Dienste außerhalb des App Stores zu informieren. Stattdessen sind App-Entwickler gezwungen, Apples neue Bedingungen zu akzeptieren, die es ihnen in der EU erlauben, Links zu externen Zahlungsmethoden zu erstellen. Allerdings behält sich Apple auch das Recht vor, einen Anteil an den Verkäufen außerhalb der Plattform zu erhalten. Spotify hat diese Bedingungen scharf kritisiert und Apples Vorgehen als „unfair und ausbeuterisch“ bezeichnet.
Spotify bezeichnete den Sieg als „klein“, und das ist er in der Tat – Cupertino hat immer wieder gezeigt, dass es nur unter Druck einen gewissen Freiraum gewährt. Für die Entwickler:innen gibt es noch viel zu gewinnen. Derzeit können Spotify und andere Musik-Streaming-Dienste in der EU ihren Nutzer:innen nicht die Möglichkeit bieten, auf einen Link zu klicken, um eine App zu kaufen, weil Apple restriktive Gebühren verlangt.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Apples strikte Kontrolle über das iOS-Ökosystem sowohl für Nutzer:innen als auch für Entwickler:innen ein erhebliches Problem darstellt. Die strengen Regeln und hohen Gebühren des Unternehmens hemmen Innovation und Fairness. Obwohl Regulierungsbehörden wie die Europäische Kommission einige Fortschritte erzielen – etwa durch die Forderung nach besserer Sichtbarkeit von Apps und begrenzten Änderungen – verlaufen diese Fortschritte oft schleppend und werden häufig erst nach langwierigen Rechtsstreitigkeiten erreicht. Die jüngste Kontroverse um die Gebührenstruktur von Patreon verdeutlicht, wie schädlich Apples Vorgehen sein kann, insbesondere wenn es um Spenden geht, die eigentlich von solchen Gebühren befreit sein sollten. Während dieser Kampf weitergeht, plant AdGuard eine Petition, um das weltweite Sideloading von Apps voranzutreiben, um den App-Marktplatz zu öffnen und Apples Dominanz herauszufordern.