Gewinn für offenes Web: Gericht unterstützt Werbeblocker im Urheberrechtsstreit
Der Hersteller von Adblock Plus, eyeo, hat im langwierigen Rechtsstreit mit dem deutschen Verlag Axel Springer erneut einen Sieg errungen. Der Verlag hatte behauptet, dass Werbeblocker das Urheberrecht verletzen, indem sie den HTML‑Code der Website ändern, um Werbung zu blockieren. Das Hamburger Gericht hat die Berufung des Verlags abgelehnt.
Wenn das Gericht auf der Seite des Verlags gestanden hätte, könnte dies bedeuten, dass jede Änderung des Codes auf einer Website — beispielsweise durch Werbeblockierung oder Farbschema‑Anpassung für verbesserte Zugänglichkeit — als Verstoß gegen das Urheberrecht angesehen werden könnte. Dies würde dann eine Unterlassungsanordnung des Websitebetreibers nach sich ziehen. Und HTML ist zwar für 95% des Webs verantwortlich.
In seinem Blog-Beitrag weist eyeo darauf hin, dass nicht nur Erweiterungsentwickler:innen und Browser betroffen sein und Schadenersatz zahlen könnten, sondern auch Internetnutzer:innen, die sich oft nicht einmal daran erinnern können, bestimmte Erweiterungen installiert zu haben.
Das harte Duell
Die Fehde zwischen Axel Springer und eyeo reicht fast ein Jahrzehnt zurück. Als Reaktion auf das Urteil vom Januar 2022, das ebenfalls zugunsten von eyeo ausfiel, hat der deutsche Verlag Berufung eingelegt. Diese wurde letzten Monat vom Hamburger Gericht abgewiesen. Im Jahr 2021 hatte Axel Springer in einem Rechtsstreit behauptet, dass die HTML-Programmiersprache nach dem deutschen Urheberrechtsgesetz geschützt sein sollte. Das Gericht sah das jedoch anders und stellte fest, dass die Werbeblocker-Erweiterung den Code der Website nicht wesentlich genug verändert und auch keine Kopie davon anfertigt. Daher ist ihre Verwendung einer Änderung der Browsereinstellungen gleichzusetzen. Das Urteil besagt, dass dies die normale Art und Weise ist, wie eine Website genutzt werden sollte. Es sei nicht erforderlich, die Erlaubnis des Websitebetreibers einzuholen, um die Website für sich selbst angenehmer zu gestalten.
Axel Springer hat im Vorfeld der Erhebung von Urheberrechtsklagen gegen eyeo einen anderen Ansatz gewählt und dem Kölner Softwareentwickler unlauteren Wettbewerb vorgeworfen. Der Verlag wollte nicht nur die (zwar fragwürdige) Praxis von Adblock Plus anfechten, bestimmte Werbetreibende auf die Whitelist zu setzen, sondern auch das gesamte Konzept der Werbeblockierung an sich. Trotz seiner Bemühungen scheiterte der Verlag jedoch, da der deutsche Bundesgerichtshof 2018 entschied, dass Werbeblockierung legal ist. Dies war ein großer Rückschlag für den Verlag, der daraufhin andere rechtliche Schritte gegen eyeo unternahm.
Laut eigenen Angaben hat eyeo bis Januar 2022 16 gezielte Klagen abgewehrt — mit dem kürzlich errungenen Sieg gegen Axel Springer sind es sogar 17. Das ist eine beeindruckende Leistung und wir sind eyeo dankbar, dass es einen großen Kampf für uns und viele andere Erweiterungsentwickler:innen und Nutzer:innen führt.
Umfassende Auswirkungen: Wie geht es weiter?
Der Sieg von eyeo vor dem Hamburger Gericht ist zwar ein Erfolg auf lokaler Ebene, aber er sollte nicht unterschätzt werden. Wenn Axel Springer gewonnen hätte, wäre ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen worden, der den Weg für ähnliche Urteile in der EU und darüber hinaus geebnet hätte. Das würde das Ende des offenen Internets bedeuten, in dem Menschen frei neue Erweiterungen und Browserfunktionen entwickeln und nutzen können, um ihr Surferlebnis zu verbessern.
Es wäre naiv zu glauben, dass Axel Springer nun aufgeben wird. Der Verlag kann immer noch beim Bundesgerichtshof Revision einlegen. Es ist also noch zu früh, um aufzuatmen. Die nächste gerichtliche Anfechtung von Werbeblockern kann schon bald anstehen, und die Werbeblocker‑Community braucht möglicherweise bald Ihre Unterstützung.