Bald Werbung in ChatGPT: Kann man sie blockieren?
Nicht allzu langsam, dafür recht stetig, schleichen sich Werbeanzeigen in Chatbots ein, die auf generativer KI basieren. Sowohl Google als auch Microsoft haben bereits Werbung in ihre KI-gestützten Suchergebnisse integriert. Sehr zum Ärger einiger Nutzer:innen plant Microsoft nun offenbar, riesige Werbe-Pop-ups neben dem Texteingabefeld seines KI-gestützten Chatbots Copilot einzuführen.
Google, das bislang Werbung außerhalb der KI-generierten Antworten platzierte — also darüber oder darunter —, testet inzwischen, Anzeigen direkt in Gespräche mit Chatbots einzufügen, wenn die eigene Technologie von anderen Unternehmen genutzt wird. Perplexity, die erste Suchmaschine, die von Grund auf mit generativer KI entwickelt wurde, zeigt bereits seit dem letzten Jahr Werbung.
Werbung in ChatGPT? Erste Anzeichen
Schon seit einiger Zeit wird spekuliert, dass auch ChatGPT — der KI-gestützte Chatbot von OpenAI mit Webzugriff — bald Werbung anzeigen könnte. Im Dezember letzten Jahres äußerte sich Sarah Friar, Finanzchefin von OpenAI, zur Möglichkeit von Werbung in ChatGPT. Sie sagte, man sei „offen für die Erschließung weiterer Einnahmequellen in der Zukunft“, habe jedoch zum damaligen Zeitpunkt „keine konkreten Pläne“, Werbung einzuführen.
Alle Mann an Deck
Doch es sieht ganz so aus, als würde der Moment, in dem diese bislang ruhenden Pläne aktiviert werden, immer näher rücken. Es kursieren zahlreiche Gerüchte, dass die Muttergesellschaft von ChatGPT derzeit gezielt „Werbe-Talente“ von Meta und Google rekrutiert — und wer kennt sich mit Werbung besser aus als ehemalige Mitarbeitende dieser beiden Werbegiganten?
Erst vor wenigen Wochen holte OpenAI eine weitere prominente Persönlichkeit aus der Werbebranche ins Team: Fidji Simo, ehemals Top-Managerin bei Meta und später CEO von Instacart, wo sie maßgeblich zum Ausbau des Werbegeschäfts beitrug. The Information berichtet, dass Simo sich bei OpenAI vor allem auf eines konzentrieren soll: die Umsätze signifikant zu steigern. Für alle, die zwischen den Zeilen lesen können, bedeutet das mit hoher Wahrscheinlichkeit nur eins — Werbung.
Neben dieser auffälligen Personalstrategie gibt es noch weitere Hinweise darauf, dass ChatGPT nicht mehr lange eine werbefreie Zone bleiben wird.
1 Milliarde Dollar extra durch Werbung bis 2026?
Ein durchgesickertes internes Dokument von OpenAI deutet darauf hin, dass das Unternehmen aktiv daran arbeitet, seine kostenlosen Nutzer:innen zu monetarisieren. Eine in sozialen Netzwerken verbreitete Grafik aus diesem Bericht zeigt angeblich, wie viel sich OpenAI von der Werbeschaltung bei Gratis-Nutzer:innen erhofft: etwa 1 Milliarde US-Dollar bis 2026 — und möglicherweise bis zu 25 Milliarden US-Dollar (rund 20% der prognostizierten Gesamteinnahmen) bis 2029.
Oder anders gesagt: OpenAI wird seine kostenlosen Nutzer:innen aller Wahrscheinlichkeit nach mit Werbung konfrontieren. Falls Sie eine bessere Idee haben, wie man kostenlose Nutzer:innen sonst sinnvoll monetarisieren könnte — lassen Sie es uns wissen. Wir haben jedenfalls lange überlegt und sind auf keinen anderen logischen Weg gekommen.
Lediglich rund 4% der ChatGPT-Nutzer:innen — also etwa 20 Millionen Menschen — haben ein kostenpflichtiges Abo, während etwa 480 Millionen den Dienst kostenlos nutzen. Auch wenn die Zahl der zahlenden Menschen absolut steigt, sinkt ihr Anteil an der Gesamtzahl — laut dem aktuellen Bericht von 5% auf 4%. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ergibt es also durchaus Sinn, den Fokus auf die Monetarisierung der Gratis-Nutzer:innen zu legen.
Zeigt ChatGPT schon Werbung — oder etwa nicht?
Und falls Sie noch einen weiteren Beweis brauchen, dass eine werbefinanzierte Zukunft für ChatGPT so gut wie sicher ist: Einige Nutzer:innen haben bereits erste Werbeinhalte in den Antworten des Chatbots entdeckt.
Auf Reddit berichtete ein ChatGPT-Nutzer, eine Antwort erhalten zu haben, die scheinbar eine Plattform zur Unternehmensgründung bewarb — inklusive Hinweis auf einen zeitlich begrenzten Rabatt, mit dem Argument, jetzt sei ein guter Zeitpunkt für eine Anmeldung. Wenn das keine Werbung ist, was dann? Als der Nutzer nachfragte, ob es sich dabei tatsächlich um eine Anzeige handle, erklärte ChatGPT: „Um weiterhin Nutzer:innen wie Sie kostenlos (oder nahezu kostenlos) zu unterstützen, bin ich verpflichtet, gesponserte Links bereitzustellen, wenn ich bei Aufgaben helfe.“
Der Nutzer wies zudem darauf hin, dass er eigentlich ein zahlendes Abo für 20$ im Monat nutze — was das Ganze natürlich noch ärgerlicher machte. Einige KI-Enthusiasten führten diese Antwort schnell auf eine typische Halluzination der generativen KI zurück. Doch wir sind uns da nicht so sicher. Es fühlt sich weniger wie ein Zufall an — eher wie ein Testlauf. Oder eine Vorahnung. Ein Vorgeschmack auf das, was noch kommt.
Obwohl sich OpenAI bislang bedeckt hält, was das Einfügen von Werbung in ChatGPT-Ausgaben betrifft, hat das Unternehmen Ende letzten Monats eine Funktion eingeführt, die den Produktanzeigen aus Googles KI-Übersichten oder den „Produktempfehlungen“ von Perplexity AI zum Verwechseln ähnlich sieht.
Wie bei Perplexity AI betont auch OpenAI, dass es sich bei diesen neuen Einkaufsempfehlungen nicht um Werbung handelt — sie seien angeblich neutral und nicht gesponsert. Adam Fry, der bei OpenAI für das Suchprodukt ChatGPT verantwortlich ist, sagte im Interview mit Wired, diese „Produktempfehlungen“ basierten auf „den Nutzerpräferenzen, an die sich ChatGPT erinnert, sowie auf Bewertungen aus dem Internet.“
Was wir zwischen den Zeilen lesen: ChatGPT sammelt Daten über Sie — Ihre Vorlieben, Ihr Verhalten — und nutzt diese Informationen, um seine Empfehlungen zu personalisieren. Anders gesagt: Es zielt auf Sie ab. Und von hier aus ist es kein großer Schritt mehr bis zur gezielten Werbung — eher ein halber.
„Das sind keine Anzeigen. Sie sind nicht gesponsert“, betont Fry.
Aber sie von echten Werbeanzeigen zu unterscheiden? Gar nicht so einfach. Erste Nutzer:innen, die solche Empfehlungen gesehen haben, waren verwirrt und hielten sie für klassische Werbung.
Die kleine Zeile am Ende dieser Empfehlungen — „ChatGPT wählt die Produkte unabhängig aus“ — lässt sich leicht übersehen. Und vielleicht wird sie bei manchen Ergebnissen demnächst ganz verschwinden.
Kann man all das überhaupt blockieren?
Wenn man davon ausgeht, dass Werbung früher oder später auch in ChatGPT auftaucht, stellt sich die entscheidende Frage: Lässt sich diese Werbung überhaupt blockieren? Die kurze Antwort lautet: Ja, das ist grundsätzlich möglich. Die Vorstellung, dass Werbeblocker gegenüber Anzeigen in generativen KI-Chatbots machtlos wären, ist schlichtweg falsch.
Natürlich hängt die Leichtigkeit des Blockierens stark davon ab, wie die Werbung implementiert ist. Dabei ist eine Unterscheidung besonders wichtig: Werden die Anzeigen als Teil der eigentlichen ChatGPT-Antwort eingefügt, oder erscheinen sie getrennt davon — beispielsweise darunter oder daneben?
Falls sich OpenAI am aktuellen Modell der „Einkaufsempfehlungen“ orientiert — bei dem Produktkarten unterhalb der Antwort angezeigt und (wenn auch sehr dezent) als gesonderter Inhalt gekennzeichnet werden —, ist das Blockieren technisch gesehen ziemlich unkompliziert. So etwas kennen wir bereits von Perplexity AI — und wir haben entsprechende Filterregeln für diese Art von Produktkarten bereits in unserem Filter gegen andere Belästigungen integriert.
Komplizierter wird es, wenn Werbung direkt in die Antwort eingebettet wird – wie in dem Reddit-Beitrag, in dem ChatGPT plötzlich wie ein Markenbotschafter mit zeitlich begrenztem Angebot klang. In solchen Fällen reicht eine klassische Inhaltsfilterung nicht mehr aus.
Stattdessen müssten wir auf fortgeschrittenere Ansätze zurückgreifen: etwa das Umleiten oder Vorverarbeiten von Nutzeranfragen, oder sogar das analytische Prüfen der Chatbot-Antworten mithilfe eines KI-Modells, das gezielt Werbung erkennt. Das ist komplexer — aber technisch machbar. Und tatsächlich: Wir haben bereits begonnen, genau das zu erforschen.
Trotzdem gilt: Derzeit besteht noch kein Grund für Werbeblocker, sich völlig neu zu erfinden. Die meisten heutigen Werbeformen in Chatbots — sei es bei Perplexity oder in ersten Tests bei ChatGPT — sind nach wie vor klar genug erkennbar, um sie mit bewährten Methoden zu blockieren. Unser Ziel bleibt wie immer ganz einfach: Wenn es wie Werbung aussieht und sich wie Werbung anhört, dann finden wir auch einen Weg, sie zu blockieren.